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Peer Kriesels visuelle Gesellschaftskommentare

Inspiriert von einer großen Zahl komplexer Probleme der Gegenwart, hat der in Berlin lebende Künstler Peer Kriesel mit seiner Kunst ein vielfältiges Œuvre geschaffen. Drei seiner bekanntesten Serien von Zeichnungen und Gemälden, „Fratzen“, „Wimmelbilder“ und „Übermalungen“, ermöglichen einen Einblick in die reichhaltige Bildsprache des Künstlers und in seine originelle Haltung als Zeichner. Die bildgewaltigen Werke zeigen eine starke Liebe zum Detail, in denen Peer Kriesel Themen wie Datensicherheit, die um sich greifenden sozialen Verwirrung, Politik, Kriege sowie den Mangel an Solidarität und Ästhetik diskutiert. Letzteres beschäftigte den Künstler schon seit längerer Zeit, indem er die Abwesenheit der „wahren Ästhetik“ und die damit zusammenhängende Fragen erforscht. Um sein Konzept besser zu verstehen, haben Besucher der BERLINER LISTE 2017 die Gelegenheit Peer Kriesels Arbeiten vor Ort zu betrachten und ein persönliches Gespräch mit dem Künstler zu führen.

Peer Kriesel benutzt vorrangig Acryl- und Wasserfarben auf Leinwänden und Papier, dabei erlaubt er der Farbe über den Hintergrund zu fließen und zu tropfen. Aus einem abstrakten Chaos erschafft er Figuren, die er real werden lässt, in dem ihre Umrisse skizziert. So aus dem Unbewussten entrissen, macht er diese eigenartigen Geschöpfe und Charaktere für den Beobachter sichtbar. Indem er sie ans Licht bringt, befreit er sie. Ein zentrales jüngeres Werk, das der Künstler mit dieser Methode schuf, „Befreiung“, wird auf der kommenden BERLINER LISTE zum allerersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert, gemeinsam mit einer repräsentativen Auswahl von Kunstwerken aus seinem Schaffen.

Peer Kriesel – Maskenball, Acryl und Tinte auf Leinwand, 2016

Fratzen und Wimmelbilder

Peer Kriesels “Fratzen” sind eine subtile Verhöhnung der verschiedensten menschlichen Charaktere und basieren auf einer gestenbasierten Maltechnik. Karikaturenhafte Gesichter, bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, kommentieren die derzeitige Überreizung mit Bildern der sozialen Medien, Selfies, aber auch die in das Private eindringende Kultur, die durch Reality Shows und den Lebensstil von Prominenten propagiert wird. In einer fast ununterbrochenen Linie erschaffen, zeigen die Fratzen die negativen psychologischen Effekte dieser Kultur und wie sie sich auf einen großen Teil der anfälligen Individuen auswirken. Ihre Gefühle reichen von Euphorie bis Zorn, die in einen einzigen erkennbaren Gesichtsausdruck verschmelzen. In seinem Fokus auf die Kunst des Gesichts ist der Künstler immer auf der Suche nach der perfekten Fratze, welche die „totale Emotion, die absolute Macht verkörpern“ würde.

Seine “Wimmelbilder” sind bewusst gedrängt, eine Explosion von Farben und Charakteren, welche auf den Überfluss an Informationen, Gewalt und Absurditäten hinweisen. Peer Kriesel geht auf diese Phänomene mit Humor ein und erschafft komplexe Bilder, die an eine Art Wunderland ohne jegliche Regeln erinnern, jedoch mit Charakteren gefüllt sind, die wir ohne Probleme aus dem realen Leben wiedererkennen. Indem er mit der Idee der Masse spielt, schafft es der Künstler, einen Überfluss von Situationen in einem Bild einzufangen, aus denen so eine visuelle Kritik der Gesellschaft entsteht.

Peer Kriesel – Befreiung, Acryl auf Leinwand, 2017

Übermalungen

Die “Übermalungen” verdanken ihren Namen dem Material – der Künstler wählt aufgefundene Druckprodukte als Leinwand für diese Werke. Oft malt er auf weggeworfene Papierobjekte, wie gestempelte Verkehrstickets, Eintrittskarten oder alte Einladungen. Jedes dieser Objekte erzählt eine eigene Geschichte, die hier mit Bildern übermalt werden, welche durch das Gestaltung und weitere Elemente des ursprünglichen Gegenstandes inspiriert sind. Auf der BERLINER LISTE 2017 wird der Künstler eine Auswahl übermalter Tickets präsentieren.

Peer Kriesel ist 1979 geboren und arbeitet als Designer und Künstler in Berlin.

Titelbild: © Norman Posselt · www.normanposselt.com / für Peer Kriesel