Kaja el Attar ist in Kassel geboren und hat an der Kunsthochschule für Medien in Köln studiert und schloss dort ihr Studium 2006 im Bereich Mediengestaltung/Film und Fernsehen ab. Schon früh entdeckte die Künstlerin ihre Liebe zu Kunst und Design. Ihre kleinformatigen Werke zeigen abstrakte Welten, die Assoziationen freien Lauf lassen. Ihr künstlerischer Prozess ist von einer unmittelbaren intuitiven Linienführung geprägt, bei der sie wie in einem meditativen Zustand die Kontrolle an den Stift abgibt. Gerade im Hinblick des propagierten Endes der Zeichnung in der zeitgenössischen Kunst, sind Kaja el Attars Werke wunderbare Entdeckungen. Im Gespräch verriet uns die Künstlerin, dass ihre Werke Phantasiewelten sind in denen der Betrachter sich und seine Geschichten entdecken soll. Darüber hinaus sprachen wir mit ihr über ihre künstlerische Entwicklung, Messeteilnahmen und über ihre Experimentierfreude mit neuen Materialien.
Deine Arbeiten sind kleinformatig und zeigen verschiedene Formen. Welche Themen beschäftigen dich in deinen Werken?
Meine Formate liegen bei DINA5 bis DINA2 und zeigen empfindsame, sensible und oftmals sehr schwungvolle Fantasiewelten – Kajawelten. Die Fantasie taucht ein in eine Welt der Poesie. Meine Hand wird Sitz des Instinkts und führt. Die intuitive Linienführung macht Lust, sich immer tiefer in die abstrakten Zeichnungen hineinzubegeben. Meine Werke sind schwer zu beschreiben: der Betrachter taucht in sie hinein und umso länger er sich mit ihnen beschäftigt, fängt er selbst an, seine eigene Welt in ihr zu entdecken. Ich bringe die Formen und Farben auf Papier, der Prozess findet in jedem selbst statt. So erzählen die Werke ein einzigartiges inwendiges Leben, welches durch die Sprache der Zeichnung real wird.
Es scheint als würde in deiner künstlerischen Praxis die Zeichnung im Vordergrund stehen und dies, obwohl schon lange das Ende des Zeichnens in der zeitgenössischen Kunst prophezeit wurde. Stimmt der Eindruck?
Das ist richtig. Es gibt aber zum Glück immer noch eine feine, kostbare Nische für die leisen Töne der Zeichnung. Die Sammler finden mich auch zwischen plakativer, großer Kunst und sind dann umso dankbarer – gerade wegen ihrer Seltenheit – dass sich dieses Genre weiterhin lebendig entwickelt. Bei der Auseinandersetzung mit Zeichnung empfinde ich es zum einen als ein Vorteil für mich, dass sich nur wenige Künstler auf Papier ausdrücken, zum anderen finde ich es aber sehr bedauerlich, dass es so wenig reine Zeichenmessen gibt.
Kannst du den Weg beschreiben, der dich dazu gebracht hat Künstlerin zu werden?
Meine Eltern sind Textildesigner, ich wuchs schon immer mit Farben und Formen am Webstuhl auf. Mich faszinierte, wie Striche Muster mit so viel Ausdruck und Gefühle erzeugen können, ohne dabei eindeutig zu sein. Die Kunst lässt mich fühlen, ich erkenne mich selbst in ihr, sie ist mein Lehrer und Ansporn, ich lasse mich ganz auf sie ein. Dies sahen vor fünf Jahren auch Kölner Freunde, die sich gut mit Kunst auskennen und meinten, ich solle unbedingt meine Arbeiten ausstellen. Sie organisierten mit mir meine erste Ausstellung und schon ging es los: ich wurde gesehen und verstanden! Nun war ich schon in Hong Kong, Singapur und Taiwan auf Messen, es scheint eine ursprüngliche Formensprache zu sein, die verstanden wird und sie äußerst fasziniert.
Du hast in der Vergangenheit an der Berliner Liste teilgenommen. Was macht diese Messe für dich so besonders und wie hast du von deiner Teilnahme profitiert?
Die Berliner Liste 2015 überrollte mich! Ich bin neutral ohne viele Erwartungen auf einen Versuch hin gestartet. Am Ende der fünf Tage hatte ich kaum noch Rahmen an der Wand! Es war erstaunlicherweise meine erfolgreichste Messe. Es kamen Sammler explizit meinetwegen aus Düsseldorf um endlich Arbeiten von mir zu kaufen. Auch Besucher aus Berlin, die mich im Nachhinein trafen und nun Freunde von mir geworden sind, haben mich dort gefunden und Werke von mir erworben. Ich freu mich jetzt schon auf meine Berliner Kunstliebhaber, die sich alle dort an dem ein oder anderen Tag einfinden werden. Vor allem freue ich mich ihnen dort meine Entwicklung zu präsentieren. Der Rest wird sich zeigen!
Auch 2016 wirst du an der Messe teilnehmen. Auf was für Arbeiten von dir dürfen die Besucher sich freuen?
Oh, es gibt viel Neues! Ich habe neue Zwischenformate entdeckt, die mich herausfordern anders zu denken. Es sind Passepartout-Pappen in rechteckigem oder quadratischem Format und sie wirken durch ihre schwebende Wirkung sehr viel edler als Papier. Die neuen Werke sind um einiges mutiger, mit einem anderen noch freieren Schwung, sehr von warmen Sonnenstrahlen geprägt, was in der Energie und spannenden Farbkonstellationen wieder auftaucht.
Wie bereitest du dich auf einen solchen Messeauftritt vor?
Da es mittlerweile eine von vielen Messen ist, die ich in den letzten 5 Jahren weltweit bestreite, bin ich da langsam etwas geschulter: Ich weiß, dass es auf der Berliner Liste gutes Licht und anständige Wände gib. Das ist schon mal ein gutes Fundament. Zudem habe ich im Kopf, wie viel Meter Wand ich gebucht habe und versuche diesen Raum bestmöglich mit dem zu bespielen, was ich unbedingt zeigen möchte. Dazu lege ich die Arbeiten bei mir zu Hause auf den Boden um zu schauen, was an Hängungen möglich wäre. Danach werden die Rahmen angefertigt, fertig! Ich mag es, die Wände dezent zu halten, lieber weniger zu zeigen und dafür ausgewählt präsentiert. Mein Glück ist, dass die Arbeiten sehr klein sind, somit kann ich bei Interesse weitere Arbeiten aus meiner Mappe zaubern.
Was für Projekte hast du noch in diesem Jahr geplant?
Da ich viele Sammler habe, die in Deutschland verteilt leben reise ich viel. Diese Sammler empfehlen mich wiederum an weitere Interessenten, somit darf ich viel freier arbeiten. Meine nächste Ausstellung wird im November in der Galerie Merkle in Stuttgart stattfinden. Ebenfalls in Stuttgart wird der ART ALARM, die Initiative Stuttgarter Galerien am 26./27.9., erfolgen. Den kalten Winter verbringe ich gern im Süden, dort finde ich meine Inspirationsquellen: Länder, Völker, Natur, Gerüche, Farben!
Mein Wunsch wäre es außerdem, ein gesponsertes kleines Auto als ArtCar zu bemalen, mit dem ich dann durch die Gegend düse und nach einem Jahr gern an die Firma zurückgebe und diese könnte es versteigern. Mal schauen…
Wohin möchtest du deine künstlerische Arbeit noch entwickeln? Gibt es Materialien, die du gerne noch ausprobieren oder Projekte, die du gerne noch realisieren möchtest?
Materialien fliegen mir nur so zu, ich habe das Gefühl sie finden mich zur gegebenen Zeit oder ich entdecke sie. So integriere ich nun ab und zu z.B. elektrische Widerstände, Dioden und Kondensatoren in meine Zeichnungen. Auch die Welt der Pantonefarben in Form von Aufklebern hat sich mir offenbart. Diese zerschneide ich in Linien, die ich mit viel Geduld und Akribie in eine Art Komposition auf Papier klebe. Es wird sich schon zeigen, was als nächstes an der Reihe sein wird!