Würde man die künstlerische Handschrift des zeitgenössischen Künstlers Viktor Frešo kurz beschreiben wollen, so könnte man dies folgendermaßen tun: Sozialkritik mit reichlich Humor, erzeugt durch subtile Ironie. Betrachtet man sein Werk, findet man unterschiedliche Medien und verschiedene Werke, die alle ein ähnliches Gefühl ausstrahlen – scharfsinniges Verspotten einer bestimmten sozialen Situation oder eines bestimmten Phänomens. Basierend auf konkreten, aber universellen Beispielen erzeugt seine Arbeit eine komplexe Bildsprache, die jeder entschlüsseln kann. Es ist ein analytisches visuelles System, das alles auseinandernimmt, was hässlich, schlecht oder irritierend am Menschen und folglich auch in der Gesellschaft ist.
Genau daraus entsteht die ikonische Figur des Pičus, eines unattraktiven Mannes, der wütend alles und jeden belächelt. Sein unverhältnismäßig unterteilter Körper offenbart seine korrupte Natur, gekrönt von einem außergewöhnlich großen Kopf – eine besondere Obsession des Künstlers. Diese großköpfige Persönlichkeit ist eine Sublimierung all der negativen Emotionen, die eine Person haben kann. Sie ist vergiftet durch die faule Gesellschaft, durch betrügerische Mitmenschen und eine Fülle innerer Komplexe. Frešo überzeichnet die Hauptmerkmale des Pičus, um die Macht dieser Emotionen zu betonen. Deshalb formt er ihn zu einem großen, lächerlichen Baby. Dieser seltsame Charakter ist der Inbegriff eines unnachgiebigen, intoleranten Menschen, eines selbstgerechten Ignoranten und die Säule jeder rückwärtsgewandten Ideologie. Er ist einer unter vielen und einer von vielen, ein irritierter Nachbar, ein verärgerter Cousin, sogar ein ablehnender, kompromissloser Elternteil. Seiner grundlosen Selbstgefälligkeit nachgebend, füttern wir Pičus mit der Aufmerksamkeit, nach der er sich sehnt und genau deshalb macht Frešo sich über ihn lustig. Er malt diesen kleinen Mann in seinen wahren Farben und macht darauf aufmerksam, dass er in der Tat ein Nobody ist. Niemand wird so zur passenden Übersetzung des slowakischen Ausdrucks, der auf die allgemeine und bedeutungslose Natur seines Charakters anspielt.
Doch Victor Frešos Gesellschaftskritik endet nicht damit, Pičus bis aufs Innerste zu enthüllen. Diese Idee gipfelt in der Installation „Geburt des Niemand“, in der sechzehn Niemande wie Soldaten beisammenstehen und das sie umgebende Leben missbilligen. Nur einer der Gruppe hat einen anderen Gesichtsausdruck, den Kopf zur Seite geneigt, auf einen Hauch von Individualität innerhalb der Gruppe verweisend. Das durch diese kleine Geste voller vielschichtiger Bedeutungsebenen geweckte visuelle Interesse, lädt den Betrachter dazu ein, sich mit der skulpturalen Installation zu beschäftigen. Sie impliziert aber auch, dass der kleinste Blick über den Tellerrand die Zersetzung eines festen degenerativen Kollektivs eröffnet. Dieses „sich wundern“ des einen Pičus, wenn man es so ausdrücken möchte, ist eine Quelle des Vergnügens, eine sanfte befreiende Komik gegenüber dem weiterverbreiteten Ernst. Wenn man die Gruppe genauer beobachtet, kann der Betrachter nur zu dem Schluss kommen, dass ein Niemand aus der Ansammlung arroganter kleinwüchsiger Männer geboren wird, die dazu neigen, ihre armseligen Begabungen mit falschem Schein zu überkompensieren.
Mit dem bekannten Klischee spielend sagt der Künstler: „ich war schon immer fasziniert von Menschen mit großem Kopf“. Seit den 90er Jahren bebildert er dieses Interesse durch eine Reihe von Werken, bis 2013 Pičus zutage tritt. Seitdem hat dieser lächerliche Charakter eine große Anhängerschaft für sich gewinnen können. Kunstliebhaber und Sammler auf der ganzen Welt reagieren auf seine absurde Ernsthaftigkeit und seine witzige Haltung. Es fällt ihnen leicht, die dahintersteckende Bedeutung zu entschlüsseln.
Die Gelegenheit, Pičus und seine Mitmenschen eingehend zu prüfen, eröffnet sich den Besuchern der kommenden Discovery Art Fair in Köln, auf der die gesamte „Geburt des Niemand“ Installation zu sehen sein wird, präsentiert von ARTCAMPAiGN. Kommen Sie vom 12. bis 14. April zu uns in die XPOST, um eine frische Portion witzige, inspirierende zeitgenössische Kunst zu erleben.