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Die vielseitige Kunst des Richard Reuys

Der deutsche Künstler und Kunsthistoriker Richard Reuys beschäftigt sich leidenschaftlich mit Kunst und dem künstlerischem Ausdruck. Dabei kombiniert er Theorie und Praxis, um eine visuelle Sprache zu erschaffen, die die aktuellen gesellschaftlichen und kulturellen Probleme unserer Zeit reflektiert. Als Kommentare zu Literatur, Religion, Geschlecht, Sexualität oder Politik regen seine Arbeiten zum Nachdenken an und spielen auf einige seiner künstlerischen Helden an, welche sich im Verlauf der Geschichte mit ähnlichen Fragen beschäftigt hatten. Es finden sich in Reuys Arbeiten Elemente, die an Basquiat, Richter, Pollock oder Beuys erinnern, auch wenn sie hier neu-geformt und neu-belebt, einer veränderten kulturellen Stimmung entsprechen. Seine Arbeiten sind sowohl formal als auch farblich ausdrucksstark, und wie dafür gemacht, uns zu berühren und einzubinden, damit auch wir unsere eigenen Haltungen zu bestimmten Themen reflektieren.

Diesen November wird Richard Reuys an der ersten Discovery Art Fair in Frankfurt teilnehmen und wir hatten im Vorfeld das Glück, mit ihm über seine Arbeiten zu sprechen.

Richard Reuys ist ein eklektischer Künstler, der mit vielen verschiedenen Medien arbeitet. Er kombiniert diverse Techniken und setzt sie passend zu einer bestimmten Idee ein, indem er sowohl seiner Intuition als auch seinen bewussten Absichten folgt. „Das hängt von der Arbeit ab”, sagt er. „In einen solchen Flow zu kommen ist pure kreative Energie. In manchen Fällen, wie beispielsweise bei „Threat“ [Bedrohung] hingegen, weiß und fühle ich von Anfang an, welches Medium ich nutzen muss, weil ich eine genaue Vorstellung davon habe, wie die Arbeit am Ende aussehen soll.“

Richard Reuys – In Money We Trust, 2018

Die Liebe zu starken Farben

Reuys äußert sich ganz offen über die Benutzung starker Farben in seinen Arbeiten: „Ich liebe starke Farben, weil sie meine Aufmerksamkeit erregen.“ Wir erfahren mehr zu diesem Thema, als er eine persönlichere Geschichte mit uns teilt: „Ich wuchs in den 1980ern und 90ern auf, als Neonfarben sehr beliebt waren, und auch ich verliebte mich früh in sie. Neonfarben transportieren immer diesen jungen, frischen Geist, sie sind Teil der DNA meiner Arbeit und ich nutze sie ganz bewusst, um meine Arbeit von den Werken anderer Künstler, wie etwa Gerhard Richter, abzugrenzen und um gesehen und wahrgenommen zu werden.“

„Ich habe eine besondere Vorliebe für (Neon-)Pink. In den 80ern und 90ern trug ich sehr oft pinke Accessoires, wie pinke Armbänder oder pinke Baseballcaps. Und ich erinnere mich noch an eine andere Sache. Als ich ungefähr neun oder zehn Jahre alt war, kurz vor der Pubertät, besuchte ich meine Großeltern ein- oder zweimal die Woche. Auf dem Dachboden lagerten sie Spielsachen und anderes spannendes Zeugs. Eines Tages war ich dort oben auf der Suche nach etwas und fand einige erotische Magazine. Eines davon legte seinen Schwerpunkt auf schwarze Frauen. Ihre Vaginas erschienen mir bemerkenswert leuchtend pink, unter anderem wegen des Kontrastes gegenüber ihrer Hautfarbe, und ich konnte meinen Blick nicht abwenden. Ich war von dieser Erscheinung beeindruckt, wie wunderschön diese Kombination von starken Farben war. Ich versteckte das Magazin unter meiner Jacke als wir uns von meinen Großeltern verabschiedeten, damit ich es heimlich mit nach Hause nehmen konnte. Das war das einzige Mal in meinem Leben, dass ich etwas gestohlen habe.“

Richard Reuys – In Utero, 2018

Politik, Gesellschaft und Kunst

Neben seiner dynamischen Farbpalette ging es bei unserem Gespräch um die Themen, mit denen sich Richard Reuys in seinen Arbeiten beschäftigt. Vom Persönlichen bis zum Politischen sind seine Interessen vielseitig: „Ich möchte zeigen, was mich emotional bewegt“. Alles sei in seinem Kopf mit allem verbunden, egal ob gesellschaftliche oder spirituelle Themen: „Wenn ich mir beispielsweise eine Zeitung anschaue, dann ist sie in Ressorts unterteilt, wie Politik, Wirtschaft, Kultur und so weiter. Doch keine dieser Kategorien kann von den anderen isoliert betrachtet werden, sie sind alle voneinander abhängig. Politische Entscheidungen beeinflussen die Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt und vieles mehr, andersherum genauso. Eine Sache kann ohne die andere nicht gedacht werden.“

In seinen Werken denkt Richard Reuys über die Auswirkungen der Gegenwartskultur nach, indem er ihre postmoderne aber auch verschmelzende Natur betont: „Wir sind alle das Ergebnis unserer Erfahrungen und unserer Sozialisation. All das schlägt sich mehr oder weniger bewusst in unserem Denken, unseren Gefühlen und unserem Handeln nieder. Im Verlauf der Geschichte haben sich die Kunststile sehr häufig verändert und oftmals stellte eine Epoche im Vergleich zur vorhergehenden eine Revolution da. Viele Maler waren für ihre Zeit zu fortschrittlich und ihre Kunst wurde zunächst abgelehnt. Die Menschheit und ihre Künstler von heute können auf dieses Jahrtausende alte Kunst- und Kulturwissen zurückgreifen. Und das spiegelt sich ganz automatisch auch in der zeitgenössischen Kunst wieder.“

„Ich mag es und respektiere Künstler sehr dafür, wenn sie in ihren Werken ihre eigene Handschrift entwickeln. Doch ich liebe es, wenn ich eine Ausstellung besuche und ein interessantes Gemälde sehe, dass ich es nicht gleich anhand der künstlerischen Handschrift einem Künstler zuordnen kann. Wenn mich der Künstler in dieser Hinsicht überrascht. Damien Hirst ist in meinen Augen ein gutes Beispiel für diese Vielseitigkeit.

Ich denke, wir haben einen reichhaltigen Erfahrungsschatz und solch verschiedenartige Epochen, die die Kunst revolutioniert und weiterentwickelt haben, dass ich mich, mein Denken und meine Art, Kunst zu erschaffen, nicht einschränken möchte. Nichtsdestotrotz haben sich in meinem künstlerischen Schaffensprozess zwei Hauptrichtungen herauskristallisiert. Die eine Richtung ist die unbewusste, die ich bereits beschrieben habe. Der zweite Weg basiert auf plakativen Aussagen mit einer recht reduzierten Darstellung. Ab und an kommen diese beiden Wege auch zusammen und fügen sich zu einem Gesamtwerk. Aus künstlerischer Perspektive bevorzuge ich den abstrakten Stil, doch manchmal entscheide ich mich auch für eine konkrete Darstellung.“

Ansichten darüber, was zeitgenössisch ist und was die Kunst unserer Zeit bedeutet, nimmt Richard Reuys adaptiv auf, wie er in Bezug auf seine künstlerische Praxis weiter ausführt.

„Ich denke bei zeitgenössischer Kunst geht es – insbesondere in der heutigen Zeit, in der es wieder vermehrt geschieht, dass Museen und Aussteller sich selbst beziehungsweise ihre Ausstellungen zensieren – darum, die Kunst von Kategorien und die Künstler von festgesetzten künstlerischen Stilen zu befreien. Wir sollten unser Denken über die Kunst reflektieren und uns fragen, ob wir der zeitgenössischen Kunst die Freiheit geben, die sie verdient oder braucht, um sich weiterzuentwickeln.“

Richard Reuys – Siegfried X, 2018

In jedem Werk eine starke Aussage

„Eine der Aufgaben der Kunst ist, die Gegenwart zu spiegeln und auf Missstände aufmerksam zu machen. Das zum Beispiel versuche ich mit meiner Arbeit „Threat“ zu erreichen. „Threat“ entstand im Zusammenhang mit der Weinstein-Debatte und unterstützt die #metoo Bewegung. Die Kombination von Waffe und Penis steht symbolisch für den Missbrauch von Machtpositionen und die allgegenwärtige Bedrohung durch männliche Potenz und Aggression.

Wie meine Arbeit die gegenwärtige Kultur widerspiegelt, zeigt auch das Gemälde „The Refugee“ [Der Flüchtling], das ich 2016 kreiert habe. Die Flüchtlinge, die in Folge des Syrien-Krieges nach Europa kamen, waren in den deutschen Medien tagtäglich präsent. Zwei Jahre später wird das Schicksal dieser Flüchtlinge noch immer von den rechten Parteien in ganz Europa für ihren rechten Populismus missbraucht. Die Arbeit „Shitholes and Stripes” [Arschlöcher und Streifen] wurde durch eine Aussage des US-Präsidenten inspiriert.

Die Collage „Money Talks” [Geld regiert die Welt] zeigt die chinesische Flagge mit dem Yuan Symbol anstelle der sonst üblichen Sterne. Dies ist inspiriert von der Tatsache, dass die chinesische Regierung chinesische Firmen dabei unterstützt, „Wissen“ aus der ganzen Welt „aufzukaufen“. Chinesische Firmen haben letztes Jahr alleine in Deutschland mehr als 12 Milliarden Euro investiert, um deutsche Ingenieursunternehmen und deren umfassende Kenntnisse des Ingenieurwesens sowie die Industrie 4.0 zu kaufen. Auf diese Weise möchte China aus „Made in China” ein äußerst respektiertes Label wie „Made in Germany“ machen.“

Richard Reuys – Money Talks, 2018

Aktuelle Arbeiten

Während er im Allgemeinen an mehreren Werken gleichzeitig arbeitet, konzentriert sich der Künstler im Moment auf ein Gemälde mit dem Namen „Brünnhilde X“, Teil zwei eines geplanten großen Triptychons, das eine Fläche von 450 x 200 cm einnehmen wird. Teil eins, “Siegried X” ist bereits fertig, doch wir warten noch gespannt auf die Enthüllung des kompletten Werks. Der Künstler freut sich schon jetzt darauf, im Jahr 2019 zu mittelgroßen Formaten ebenso wie zu der Arbeit an Skulpturen zurückzukehren, da er längere Zeit nicht mehr in diesem Feld gearbeitet hat.

Auf der Discovery Art Fair Frankfurt plant Richard Reuys fünf großformatige Gemälde zu präsentieren, „Siegfried X“, „Brünnhilde X“, Untitled 18-1“, „Threat“ und „In Utero“. Da alle diese Werke 2018 kreiert wurden, bietet diese Auswahl einen perfekten Einblick in sein aktuellstes Schaffen.

Nach der Messe in Frankfurt plant der Künstler in ein größeres Studio umzuziehen, um den größeren Formaten mehr Raum geben zu können und – sich eine Galerie zu suchen, mit der er künftig zusammenzuarbeiten möchte.

Verpassen Sie nicht die Gelegenheit, diesen November die neuesten Werke von Richard Reuys in Frankfurt zu sehen und seine Aktivitäten in den kommenden Monaten weiterzuverfolgen!

Richard Reuys – Escape, 2018

Richard Reuys – Mona Lisa´s Death, 2018

Richard Reuys – Untitled 18-1, 2018

Richard Reuys – Je Suis Privilègiè, 2018

Feature image: Richard Reuys – Threat, 2018. All images courtesy of the artist.